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Heimat ist ein Gefühl Nr. 11 – Stadteinsichten

Neulich war es einmal wieder soweit: ich wagte mich nach 20 Uhr (Winterzeit)  in der Dunkelheit auf die Straßen des kleinen Ortes im Weserbergland, in dem ich ein gutes Teil meines Lebens zugebracht habe. Ich war lange nicht mehr dort. Was soll ich auch da? Früher (als noch alles früher war), ja, da gab es Gründe: Geschäfte, in denen es was zu kaufen gab: Papier und Zeitschriften,  Bücher, Lebensmittel und so. Also die banalen Dinge des Alltags.  Daneben aber eben auch ein wenig Kultur und Flair. Aber das war früher. Gefühlte 50 Jahre ist das her. Ich habe das Jammern der Kaufleute noch  im Ohr, die stets und gerne das Ausbleiben der Kunden bekrittelten und im aufkommenden Internet den Teufel in Person sahen.  

Und was ist heute?  

Früher behauptete ich mal, dass „meine Stadt die Größe eines Fliegenschisses“ hat. Dabei bleibe ich auch heute noch. Nun, das gilt für viele Städte in unserer (noch) bunten Republik. Und bestimmt teilen viele kleineren Städte das Schicksal meiner Stadt: leere Geschäfte neben einem Asia-Imbiss, neben einer Dönerbude, neben einer Sportwetten-Bar, neben einem Leerstand, neben einer Eisdiele, neben einem Pflegedienst, neben einem Nail-Shop, neben einem Leerstand, neben einer Spielhölle, neben einem Pflegedienst. 

Hat es also gesiegt, das Internet, mag man (auf den ersten Blick) annehmen: Wir sitzen lieber zu Hause und shoppen dort und gerne weltweit und vor allem rund um die Uhr und am Wochenende. Doch diese Behauptung greift wohl zu kurz: In Städten, die vorne nach Aldi und hinten nach Penny ausschauen macht ein Bummel/Einkauf/ Aufenthalt einfach auch wirklich keine Freude. Beliebig und austauschbar, ideen- und fantasielos, atmosphärisch nahe am Gefrierpunkt: So sehen viele kleine Städte, Nord wie Süd, Ost wie West heute aus. In ihnen verliert sich der Mensch und ist nur willkommen, wenn er als Konsument auftritt. 

So war auch mein Gefühl, neulich nach zwanzig Uhr in meiner kleinen Stadt. Es war kalt. Und es lag nicht an den Temperaturen. 

Wen meine kleine Glosse über meine Stadt interessiert, der kann sie hier nachlesen:

Meine Stadt  

           

Ach ja: der geneigte Leser meiner Beiträge mag wissen, dass ich ein Verehrer der Kunst vonEdward Hopper bin. An jenem Abend in der Stadt erlag ich dem Wunsch, Menschen in dieser vereinsamten Umgebung zu zeigen… einzig, es ist mir nicht gelungen: Es waren keine Menschen da. 

6 Kommentare

  1. Sehr stimmungsvolle, sehr gut gelungene Fotos, auch wenn der Inhalt etwas traurig sein mag… …

  2. HF

    Spricht da so etwas wie HassLiebe?

    • AlleAugenblicke

      Das passt !

      Lg,
      Werner

  3. Moin Werner,
    das Heimatgefühl wird natürlich auch durch die eigenen Gefühle aus der Vergangenheit geprägt, die man mit sich herumträgt und nicht alles, was heute in der Gegenwart dort existiert, passt dazu. Das fühlt sich dann fremd an und man kommt sich dann etwas verloren vor, an einem Ort, mit dem man so völlig andere Geschichten und Erlebnisse verbindet. Vielleicht mag das Internet einen Einfluß gehabt haben, aber ich denke, das sitzt noch etwas tiefer in unserer Gesellschaft. Auch große Städte haben mittlerweile oft Stadtkerne, die beliebig austauschbar sind, da überall nur die gleichen Angebote und Schaufenster das Strassenbild bestimmen. Selbst ein Kiez unterliegt einer ständigen Wandlung, die nicht allen gefällt und wo auch nicht jeder mithalten kann. Fragt sich jetzt, wie wohl das Zusammenleben in der Zukunft aussieht? Es ist nicht nur eine Herausforderung für Stadtplaner, sondern es geht uns alle an, wie wir uns das Miteinander vorstellen und auch gestalten möchten. Das ist eine schwierige Aufgabe.
    LG kiki

  4. Sehr schöne Foto Ausbeute auch wenn keine Menschen vorhanden waren. Um die Zeit traue ich mich schon fast nicht mehr aus dem Haus. Vermutlich andere auch. 😉

    Liebe Grüße und angenehmen Wochenstart, Gerd

  5. Also, bevor ich den Text gelesen habe, fiel mir nur durch deine Bilder diese schreiende Leere auf. Habe auch überlegt, ob mich die Bilder durch einen romantisch verklärten Süße-Kleinstadt-Text umstimmen können. – Nö. – Die Bilder sind wie sie sind. Verlassen. Geil umgesetzt. Ich glaube Hopper wäre vor der Aufgabe in die Knie gegangen.
    LG, Markus

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