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Mensch sein #3 – der Dialog

Nun steht der Frühling bereit. Zögerlich noch, aber die hellen Tage liegen vor uns. Zweifellos. Wildgänse und Kraniche am Himmel erzählen von warmen Tagen. Und ehrlich:  niemals war ich so froh wie jetzt, dass wir der kalten und dunklen Jahreszeit den Rücken kehren. 

Zeit auch, sich wieder um das kleine Projekt  MENSCH SEIN (siehe hier und hier)   zu kümmern. Es liegt mir nach wie vor sehr am Herzen, erkenne aber auch, wie schwierig es ist, über eine große räumliche Distanz, am Ball zu bleiben.

Das geht nur im ständigen Dialog mit den Beteiligten. Da passt es gut, dass Simone Ganz, Konrektorin der Schule, einige Gedanken über die Hintergründe dieses Projektes erzählt:       

 

Der Dialog…

Der Dialog ist laut „Wikipedia“ eine „ mündlich oder schriftlich zwischen zwei (auch als „Zwiegespräch“ bezeichnet) oder mehreren Personen geführte Rede und Gegenrede.“

Ich frage mich: ist er das? Was, wenn gesprochene Sprache nicht zur Verfügung steht, weil das Zentrum im Gehirn das nicht hergibt? Was, wenn Rede und Gegenrede nicht verstanden wird, weil die Sinneskanäle nicht so „funktionieren“, wie sie das sollten?
Kommen wir täglich nicht immer wieder an die Grenzen unserer gesprochenen und geschriebenen Sprache? In unserem Beruf, in den Medien, in zwischenmenschlichen Begegnungen?
Ich zweifle an der Daseinsberechtigung der Alleinherrschaft der gesprochenen Sprache.

In meinem Beruf muss ich sie zum Glück täglich über Bord werfen. Mich auf Menschen einlassen. Nicht auf das, was sie sagen. Ich muss auf ihren Ausdruck achten. Wie sie sich „zeigen“. Atmung, Körperspannung, Bewegungen… Und wenn ich Glück habe, finde ich den „Kanal“ des Austauschs. Ohne Worte.

Ohne Empathie gelingt dies nicht. Sie ist die Voraussetzung aller Dialoge. Sie unterliegt keinem Leistungsdruck und keiner Überprüfbarkeit. Sie ist zweckfrei.

Die Fotografien hier sind für mich Ausdruck eines tiefen Dialogs.
Zwischen Menschen und zwischen Werner als Fotografen und seinen „Motiven“.
Für mich haben sie einen hohen Aufforderungscharakter, nachzudenken.
Wie sieht unser Mensch-Sein denn in unseren Kompetenzen des nonverbalen Dialogs aus?
Verlassen wir uns nicht zu sehr auf unsere „Sprache“?
Welchen Stellenwert gestehen wir unserer urmenschlichen Fähigkeit, empathisch zu sein, zu?

Vielleicht geben die Fotografien Grund zum Nachdenken und zum Spüren.
Wie schön das wäre.
„Mensch-Sein“…als Ausstellung…als Impulsgeber…als Grund, in einen (anderen?) Dialog zu treten?
Ich freue mich darauf.

Ich mag diese Gedanken: Haben Sie doch etwas mit mir und meiner Art des Sehens und Fotografierens zu tun. Vor jedem Foto steht der Dialog. Erst mit mir, dann mit den Motiven. NEUGIER ist der Schlüssel. Aus Neugier wird Dialog, aus Dialog wird Emphatie. Fotografie als Teil nonverbaler Kommunikation. 

…. das lasse ich mal so stehen und wirken. …

Ach ja: erste Ideen für die Ausstellung gibt es auch und ich freue mich darauf,wenn wir sie bald konkretisieren.  

6 Kommentare

  1. So wie du hier die Blicke festgehalten hast, ist doch deutlich erkennbar, dass gesprochene Sprache nicht immer nötig ist… 🙂

    • AlleAugenblicke

      Danke! Das ist schön, dass du das so siehst.
      Lg,
      Werner

  2. HF

    Ein sehr interessanter Aspekt, wobei die Sprache ja nur ein Teil der Kommunikation zwischen Menschen ist. Wie sagt so schön und plakativ das Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“, wobei dabei auch offen ist, ob das, was das Bild ’sagt‘, so auch bei den Betrachtern ankommt.
    Deine Fotos dieses Projektes (soweit ich sie hier sehen konnte) machen etwas, was gute Fotos auszeichnet – sie lassen mich innehalten und darüber nachdenken, wie Menschen mit Behinderung (oder politisch korrekt: mit besonderer Begabung) leben, wie sie das Leben wahrnehmen, wie sie uns sehen mögen. Gekonnt auch, wie sie ohne jedes ‚zur Schau stellen‘ aufgenommen wurden.
    Gruß, HF

    • AlleAugenblicke

      Vielen Dank, lieber Hans. Genau so möchte ich diese Menschen auf fotografieren. Wenn mir das gelungen ist, ist alles gut!

      Liebe Grüße,
      Werner

  3. Das klingt wirklich nach einer Ausstellung, die etwas in den Köpfen der Betrachter bewirken wird, Fragen aufwerfen wird, auf die es keine leichten Antworten gibt. Die Bilder gefallen mir ausgesprochen gut und der Text von Frau Ganz auch.
    Toll, ich freue mich für dich, die Kids und die Schule :-).

    LG, Conny

  4. lieber werner, das ist wieder ein sehr berührender beitrag zu diesem thema. sprache – immer wieder gibt es studien, wie wenig inhalt eigentlihc nur über den effektiven sprachlichen output wahrgenommen wird. dennoch sind wir verunsichert, wenn sie fehlt. ich denke, dass vielen das selbstvertrauen fehlt, sich auf ihr gefühl zu verlassen, empathisch zu sein..

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