{"id":3012,"date":"2017-07-15T10:30:45","date_gmt":"2017-07-15T08:30:45","guid":{"rendered":"https:\/\/alleaugenblicke.de\/?p=3012"},"modified":"2017-07-14T09:12:44","modified_gmt":"2017-07-14T07:12:44","slug":"all-shall-be-equal-3-von-menschen-und-farben","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/alleaugenblicke.de\/all-shall-be-equal-3-von-menschen-und-farben\/","title":{"rendered":"All shall be equal- #3 Von Menschen und Farben"},"content":{"rendered":"

\"\"<\/a>Ich mag das Wort „m\u00e4andern“ f\u00fcr meine Wege durch Kapstadt. In ihm dr\u00fcckt sich am besten aus, wie es mich durch die Stadt tr\u00e4gt. Einem grob skizzierten Plan folgend, mal hier, mal dort verweilend.  Meine F\u00fc\u00dfe schmerzen, ich bin seit Stunden unterwegs. Ein kleiner Film aus Schwei\u00df liegt auf meiner Haut.Die Sonne und der Wind machen im s\u00fcdafrikanischen Winter einen st\u00e4ndigen Wechsel zwischen Jacke aus und Jacke an n\u00f6tig. Ich mag dieses Gef\u00fchl der Anstrengung. Es erzeugt eine Art vin Pr\u00e4senz und intensiviert noch einmal die ohnehin starken Eindr\u00fccke, die hier von allen Seiten auf mich einprasseln. Ich lebe. Kurz denke ich an all diejenigen, die zu Hause ihre Schritte, ihren Puls, ihre Geschwindigkeit , ihre Orgasmen und ihren Stuhlgang von smarten Ger\u00e4ten am Arm aufzeichnen lassen und ihre Tagesergebnisse dann ihren virtuellen Freunden verk\u00fcnden. St\u00e4ndiger Zwang zum Wettbewerb und Selbstoptimierung. Alles hier abgeschaltet. Hier braucht so ein Ger\u00e4t kaum jemand. F\u00fcr die Menschen, die an diesem Ort leben, ist Bewegung ein selbstverst\u00e4ndliches Tun.    <\/p>\n

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Bo-Kaap<\/figcaption><\/figure>\n

Schlie\u00dflich tragen mich meine F\u00fc\u00dfe nach Bo-Kaap<\/a>.   Bunte und farbenfrohe H\u00e4user in kleinen und engen Gassen. Dazwischen Moscheen, dann wieder ein kleiner Kiosk. In den schmalen Stra\u00dfen, die hier am Fu\u00df des „Signal Hill“ alle steil nach oben f\u00fchren, trifft man nur wenig auf wenig Menschen. <\/p>\n

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Ein „Sp\u00e4ti“ in Bo-Kaap<\/figcaption><\/figure>\n
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Farben I<\/figcaption><\/figure>\n
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Farben II<\/figcaption><\/figure>\n
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Farben III<\/figcaption><\/figure>\n
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\u00fcber Bo-Kaap der Tafelberg<\/figcaption><\/figure>\n

Und doch sp\u00fcre ich pl\u00f6tzlich Schritte hinter mir. Kurzer Schreck:  Denn bei aller Sch\u00f6nheit der Stadt, ist  hier und dort als Solospieler eine gewisse Umsicht auf den Stra\u00dfen angeraten. Ein junger Mann spricht mich an, weist auf meinen Rucksack am R\u00fccken und fordert mich auf vorsichtig zu sein. „Bad people“ seien hier auch unterwegs. Er selbst aber sei keiner, versichert er, er  bettele auch nicht, wie viele andere, f\u00fchrt er weiter aus; aber nur um gleich darauf zu fragen, ob ich ein paar Rand \u00fcbrig habe. Minuten sp\u00e4ter sitzen wir an der Bordsteinkante. Er erz\u00e4hlt mir von seiner muslimischen Familie, seinen f\u00fcnf Geschwistern und seinem Vater, der krank sei und nicht arbeiten k\u00f6nne. Am Ende machen wir ein Gesch\u00e4ft: Ich fotografiere ihn, er bekommt ein paar Rand. Sein Blick auf das Display wird zu einem Erlebnis f\u00fcr ihn. Er l\u00e4chelt mich an und nimmt mich am Ende in den Arm. Vom ZAUBER von Begegnungen.        <\/p>\n

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Nur ein paar Stra\u00dfenz\u00fcge weiter und gut eine halbe Stunde sp\u00e4ter komme ich mit einem Verk\u00e4ufer des Stra\u00dfenmagazins „MY BIGISSUE“ ins Gespr\u00e4ch. Eine Viertelstunde lang sprechen wir \u00fcber „Bayern M\u00fcnchen“ und  Hamburg, \u00fcber nette und eklige Touristen (seiner Meinung nach nett sind Australier und eklig sind Amerikaner). Zu den Deutschen f\u00e4llt ihm nur „Merkel“ ein ( gibt uns das nicht zu denken?) . Ich kaufe keine Ausgabe des Magazins, zahle es aber dennoch. Auch hier wieder ein Foto, eine Umarmung und ein L\u00e4cheln zum Abschied.     <\/p>\n

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Am n\u00e4chsten Tag besuche ich Robben Island. Die Insel, auf der die politischen Gefangenen des Apartheid-Regimes eingesperrt wurden. Eine wuchtige Konfrontation mit Willk\u00fcr, Folter und Unterdr\u00fcckung. Und Begegnungen: Nelson Mandela lernt man hier kennen, die Erz\u00e4hlungen \u00fcber ihn sind so lebendig, man sp\u00fcrt f\u00f6rmlich seine Anwesenheit, wenn die Touristen angesichts der Erz\u00e4hlungen schweigen.<\/p>\n

Ein ehemaliger H\u00e4ftling f\u00fchrt die Menge durch Zellen und Geb\u00e4ude. Wie oft er wohl diese Geschichten schon erz\u00e4hlt haben mag? Doch man sp\u00fcrt keine Routine, keine Langeweile. Im Gegenteil:  Er ist leidenschaftlich, seine Ausf\u00fchrungen sind fast ein Pl\u00e4doyer, eine Anklage gegen Gewalt und Unterdr\u00fcckung. Ein Aufschrei f\u00fcr Menschlichkeit und Demokratie. G\u00e4nsehaut am ganzen K\u00f6rper durchf\u00e4hrt mich und Demut wird zum st\u00e4ndigen Begleiter in den kommenden Tagen, in denen ich weiter durch die Stra\u00dfen von Kapstadt stromerte.   
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Ich denke an den Satz, den ich hin gespr\u00fcht an einer Hauswand fand: „All shall be equal“  <\/h4>\n