Ein Projekt gegen Lautstärke im Netz und den Hass #2
Ein neuer Beitrag für das Projekt #wasichzusagenhabe. Hier schreibt D. über ihre Gedanken zur Kommunikation in unserer Zeit. Passend dazu sind die Fotos auf einem Spielplatz entstanden.
Es war ein ganz normaler Nachmittag auf dem Spielplatz. Meine Tochter und ich hatten eine Meinungsverschiedenheit – also wirklich alles ganz normal. Worum es dabei ging, weiß ich nicht mehr. Aber ich erinnere mich gut daran, was mir auf der Zunge lag: wie redest du denn mit mir!
Und genau da sah ich ihn plötzlich: den Spiegel, den sie mir vor die Nase hielt. Und ich war erschrocken und voller Scham.
Um uns herum war es nicht viel besser. Und mir wurde klar, dass die eigentliche Frage lautet: Wie reden wir eigentlich mit unseren Kindern?
Wir drohen und erpressen („Wenn du nicht sofort aufhörst, gehen wir nach Hause!“), bewerten („Na, du bist aber kein liebes Kind!“), verurteilen („Hast du wieder deinen Bruder geschlagen!“), negieren („Das tut gar nicht mehr weh, stell dich nicht so an.“). Natürlich alles mit dem Ziel unsere Kinder zu guten Menschen zu erziehen. Aber geht das so? Was für ein Selbstbild vermitteln wir damit? Und was für ein Bild von uns? Ist es das, was wir weitergeben wollen, dass wir uns gegenseitig – gerade in der engsten Familie – permanent bewerten, bekämpfen, nörgeln und erpressen und dabei meist doch die eigenen Bedürfnisse unterdrücken?
Ist es das, was unsere Zeit braucht, in der wir täglich von allen Seiten mit Lug und Trug, verbalen Angriffe und Drohungen konfrontiert sind, ob in den Stammtischparolen der AFD oder den Tweets der Trumps dieser Welt?
Ich glaube und wünsche mir, dass es auch einen anderen Weg gibt.
Ideen und Konzepte gibt es viele, ältere wie die „Gewaltfreie Kommunikation“ von Marshall Rosenberg, bei der es darum geht, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu benennen, statt zu bewerten und zu fordern, den anderen mit Empathie zu begegnen und Kompromisse statt Konflikte zu suchen. Aber auch neuere Bewegungen wie der von Gerald Hüther ins Leben gerufene „Würdekompass“ (https://www.wuerdekompass.org/).
Vielleicht schaffen wir es, den Würdekompass unserer Kinder neu auszurichten, ihnen zu zeigen, dass es keinen Widerspruch zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen der anderen geben muss.
Sprache ist dabei – davon bin ich überzeugt – der Anfang. Wenn wir bewusster miteinander sprechen, können wir eine Veränderung erreichen.
Der Weg ist nicht einfach und sicher lang, aber ein erster Schritt kann es sein, sich selbst den Spiegel vor zu halten. Zum Glück habe ich meine Tochter, die das für mich übernimmt.
Wer ebenfalls was zu sagen hat und sich an diesem Projekt beteiligen möchte, kann mich gerne anschreiben (meine Mailanschrift findet sich hier) oder auch unter diesem Beitrag kommentieren .
Ja, das sind die gewundenen Pfade, die wir als Eltern teils gehen.
Was mir oft geholfen hat, sind diese Zeilen.
Sie stammen aus dem wunderbaren Buch „Der Prophet“, Khalil Gibran
Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken. Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,
aber nicht ihren Seelen, Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein aber versucht nicht,
sie euch ähnlich zu machen. Denn das Leben läuft nicht rückwärts,
noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und er spannt euch mit seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt eure Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.
Danke Dirk. Ja, diese Worte sollten wir uns immer wieder bewußt machen.