Ein später Nachmittag…
… am Schreibtisch. Das Konzept für einen Workshop über ganz „trockene“ Themen soll hier entstehen und wachsen. Ich quäle mich. Mir will einfach nichts Gutes einfallen. Das Wetter draußen schlägt vor Schönheit Purzelbäume, und der Blick aus dem Fenster zeigt mir die Schönheit eines beginnenden Sommerabends. Längst hat sich die Sonne in Stellung gebracht hat, um die Welt aufs Neue von ihrem Zauber zu überzeugen. Und ich lasse mich nur zu gerne von dem Blick in die Weite (und gerne auch von allem anderen) ablenken.
Meine Füße unter dem Schreibtisch spielen schon seit einiger Zeit mit einem Karton, den ich schließlich (ja, ich muss meinen Workshop vorbereiten. Aber…) hervorkrame. Darin verwahrt sind Fotos längst vergangener Zeiten: Alte Schwarz/Weiß-Aufnahmen meiner Eltern als Kinder, Jugendliche und junge Menschen, zum Teil verblichen (und alle mit der Patina, die wir Fotografen heute unseren Bilder so gerne bei der Entwicklung mitgeben). Auch Bilder meiner eigenen Kindheit finde ich darin in den Farben der alten Agfa und Kodakfilme der Siebziger Jahre – auch das wieder in der Retrowelle total angesagt.
Aber sind nicht die Farben, nicht die Technik, die mich in diesem Augenblick bewegen. Nein, es ist etwas anderes: An einem Foto bleibe ich hängen. Es zeigt mich, meinen Bruder und meine Mutter in einer Fahrtpause während eines Sonntagsausflugs.
Beim Betrachten dieses Fotos wird mir plötzlich und unmittelbar bewußt, wie sehr es für eine bestimmte Zeit steht. Es zeigt all das, was ich mit dieser Kindheitsphase (die sonntäglichen Ausflüge mit Spaziergang und langweiligen Kaffee- und Kuchensitzungen bei Onkel und Tanten) verbinde. Das Foto steht nicht nur für diesen einen konkreten Ausflug, sondern es wird zum Sinnbild für einen ganzen Kindheitsabschnitt. Wenn mich jemand nach dieser Zeit fragt, so habe ich dieses Foto vor Augen.
Auch das kann ein Foto leisten: Es kann für eine Zeit stehen, für eine Ära , für einen Abschnitt. Und eInige der bedeutenden Fotografien tun das auch. Sie sind das Symbol ihrer Zeit geworden. – Ich mag diesen Gedanken. Auch für meine eigenen Fotos. Ich werde mein Archiv danach mal „untersuchen“ –
Und dieser Gedanke regt auch offenbar die kreativen Bereiche meines Hirns an… Nun endlich geht auch die Workshop-Planung.
Habt Ihr auch solche Fotos? Also Bilder, die als Stellvertreter für eine bestimmte Phase in Eurem Leben stehen? Und mögt Ihr die vielleicht auch mal in eigenen Blogbeiträgen zeigen?
Die beiden anderen Fotos dieses Beitrags werden vielleicht auch einmal als Synonym für einen Lebensabschnitt stehen. Für mich haben sie das Zeug dazu ,
Ach ja, solche Fotos hat wohl jeder, was vermutlich auch daran liegt, dass wir gar nicht so viele Fotos haben. Wie es wohl den jetzigen Kindern später geht, deren Leben fast schon minutiös fotografisch dokumentiert wird? (Falls die Daten nicht im digitalem Jenseits verschwinden ;-))
Mir geht es übrigens viel intensiver mit Musik so.
Schöner Beitrag!
LG, Conny
Ich muß wohl mal in den Fotoalben meiner Mutter graben, vielleicht finde ich da was 😉 Es sind ja oft eigentlich eher unspektakuläre Aufnahmen aus dem privaten Leben, die aber tatsächlich im Moment des Betrachtens bestimmte Emotionen aus der Vergangenheit wieder präsent werden lassen. Das ist ein tolles Gefühl, ich kann auch gut nachvollziehen, daß es mit der Musik ähnlich ist.
LG kiki
Stimmt, da hat sich im laufe der Jahre so einiges an Fotos angesammelt. Aber ob die wirklich noch jemand sehen möchte? Da greife ich lieber mal nach einer alten Schallplatte. Die Erinnerungen die dann kommen sind intensiver. 😉
Liebe Grüße, Gerd
Da ist was dran, lieber Gerd: Bei Musik geht mir das auch so. Aber auch da sind es neben der Musik oft auch das Cover oder das Inlet. Also wieder Bilder, die Erinnerungen auslösen.
Lg,
Werner