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Photographieren und Leben

Photographieren und Leben, das hängt eng zusammen, ist kaum voneinander zu trennen. Was sich beim einen verändert hat, wirft ein Licht auf das andere.

Wim Wenders, „Sofortbilder“

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, einen Teil meiner Fotos regelmäßig ins Leben zu bringen: (M)Einen Blick zurück auf das Jahr, der Blick auf Orte, Phasen und Zeiten meiner Familie, Reisen sowieso und nicht zuletzt meine Serie „Das gute Leben“ : Sie alle sammeln sich gedruckt in unterschiedlichen Büchern mit unterschiedlichsten Formaten.

Ein Buch möchte in die Hand genommen, aufgeschlagen, gefühlt, gelesen und betrachtet werden. Am Ende ist es diese Mischung von Sinneswahrnehmungen, die Fotos zum Leben erwecken. So wird das Erlebte mit dem Leben verknüpft.

Aus diesem Grund liebe ich auch den Blick in alte Fotokisten: Gesammelte, aber unsortierte Blicke in Familien, in eigene und fremde Lebensläufe. Oft geknickt, nicht selten gelb-, blau- oder rotstichige, verblasste und verblassende Zeitzeugen vergangener Zeiten. Manchmal tragen sie ein handschriftliches Datum oder jemand hat auf der Rückseite das Ereignis notiert: „Weihnachten 1971“, „Papas Geburtstag“, „Einschulung Manfred 1977“ – so oder ähnlich steht es dort. Oft kaum mehr zu entziffern.

Das „Unperfekte“ dieser alten Bilder passt doch irgendwie zu uns so unperfekten Menschen. (Und dieses „unperfekte“ ist ja immer wieder Thema hier in diesem Blog).

Und ich erfreue mich diebisch an dem Gedanken, dass alte Fotos in Pappkartons und meine Bücher voller Fotos auch dann noch Bestand haben, wenn sich spätere Generationen einmal über unsere Daten lustig machen. Vielleicht werden sie dann zwar ein Leben auf einem Dachboden oder Keller fristen, doch der Gedanke daran, dass sie dort von einem Interessierten aufgespürt, in die Hand genommen, aufgeschlagen und betrachtet werden, stimmt mich froh. Und vielleicht regt es diesen Unbekannten in der Zukunft an, sich Gedanken über uns und unser Leben zu machen: Weil er das Unperfekte liebt.

Vielen Dank an Stefan, der mich mit seinem Beitrag wieder einmal sehr bewegt hat.

6 Kommentare

  1. Wenn ich so darüber nachdenke, wird man abgeheftete oder lose ausgedruckte Fotos eher Generationen später nochmal angucken oder weiterreichen, als tausend unsortierte Ordner auf irgendwelchen Festplatten. Danke dir für diesen Anstoß! ?

    • AlleAugenblicke

      So ist es wohl, Nadine. Ich stelle es an mir selbst fest: Ein loses Foto ist mal eben schnell in die Hand genommen und angeschaut. Eine Festplatte muss man immer erst einmal „anschalten“. Stefan (Motivprogramm) benutzt in diesem Zusammenhang das Wort „niederschwellig“. Das trifft es sehr gut, wie ich finde.
      Liebe Grüße,
      Werner

  2. Mein lieber Werner,

    danke für diesen Post und die daraus resultierenden Anregungen.
    Meine Frau regt schon seit Längerem an, Bilder in Fotobüchlein drucken zu lassen.
    Es ist wie so oft, dass der Prophet im eigenen Land nicht die Stimme hat, die er eigentlich haben sollte.
    Ich glaube das sollte abgestellt werden ?

    Viele Grüße,
    Martin

    • AlleAugenblicke

      Ja, Martin, gib deinen Fotos die Chance auf Papier verewigt zu werden und als Buch in ein Regal zu wandern. Sie werden es dir danken!
      Liebe Grüße,
      Werner

  3. Lieber Werner,

    unsere Fotobücher – es sind viel zu wenige – sind das, was sich meine Tochter immer wieder aus dem Regal angelt. Auch alte Fotoalben haben es ihr angetan, ob sie die Menschen kennt (was leider selten ist, sie hat nur eine Großmutter kennenzulernen das Glück gehabt) oder nicht.

    Das ausbelichtete Bild, das gedruckte Buch oder das Dia, das man gegen den Himmel hält, das sind menschlich erlebbare Bilder. Du kennst meinen Faible für Niederschwelligkeit: so ein Bild braucht keine Hilfsmittel. Man muss es nicht mit Strom versorgen. Oder einschalten. Oder über ‚geheimes‘ Wissen verfügen, um an die Daten heranzukommen. Man nimmt es in die Hand, spürt, was ihm schon widerfahren ist und sieht, was der Fotografierende uns hinterlassen hat. Einfach so. Mit eigenen Augen. Das ist unersetzlich. Das funktioniert im Prinzip so, seit der Erfindung der Malerei.

    Es ist schön, nun bei Dir die Fortsetzung zu unserem geschriebenen Gespräch zu führen. Bloggen ist eben doch das neue Bloggen!

    Auf bald und bleibt gesund!

    Stefan

    • AlleAugenblicke

      Wir denken da wohl ähnlich… 🙂 Ja, Bloggen ist das neue Bloggen!
      Freue mich immer auf deine Denkanstöße
      Passt auf Euch auf
      Werner

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