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Von Ernst und Würde

Gerade noch sprach ich von Einhörnern und dem Ende schlecht sitzender dunkler Anzüge. Und nun?

Ein grotesker, infantiler Wahlkampf findet sein Ende, und gipfelt in der Würdelosigkeit seiner Protagonisten. Man möchte die Frage in den Raum stellen: „Meine Güte: Euer Ernst?“ – Aber man traut sich nicht: Aus Angst vor einer Dauerschleife größeren Blablablas (um hier mal Greta Thunberg zu zitieren) ohne inhaltliche Antworten.

Der (große) Verlierer einer Wahl spielt mit dem Gedanken der Macht (der dunkle Anzug macht noch immer keine gute Figur, die katholische Herkunft erklärt vieles). Seine Kontrahentin hat den Wahlkampf verbaerbockt. Beiden gemein: Sie entziehen sich ihrer Verantwortung.

Richard David Precht spricht dabei im Podcast Precht & Lanz von Würdelosigkeit. Ja, das ist es. Würdelos.

Die ersten Tage nach der Wahl tröpfeln dahin. Business as usual. Es wird ausgelotet und geredet. Viel geredet. Jedes Mikrophon will besprochen, jede Meinung will gehört werden. Selfies werden gemacht. Man kann den Eindruck gewinnen, dass man mit Mitteln und Methoden von gestern das Morgen gestalten will.

„Aufbruch“ wird bei uns immer noch mit „Weiter so“ buchstabiert. Ein wenig graust mir.

Ich gehe dann mal zu meiner Freundin, der kleinen fünfjährigen Philosophin, mal schauen, welche Weisheit sie parat hat: Ich ahne, sie wird Einhörner bevorzugen.

7 Kommentare

  1. Mein lieber Werner,

    wie so oft ist dein Blog eine Quelle der Inspiration. Danke für den Hinweis auf den Podcast von Lanz und Precht!

    Ja, du hast Recht, die beiden haben in ihrer Sonderausgabe Recht: Der Wahlkampf war würdelos. Und das aktuelle Geschachere ist meiner Meinung nach noch würdeloser.

    Du kennst mein Mantra, Haltung und Überzeugung zu haben und sich vor allem daran zu halten – also Kant’s kategorischen Imperativ auch wirklich zu leben. Das ist sicher ein Grund, warum ich seinerzeit den Job, den Vorsitz für einen Betriebsrat bekommen zu können nicht angenommen habe: Ich hätte mich ganz sicher verbiegen und politisch „anpassen“ müssen.

    Gab es in der jüngsten Zeit Politiker / Regierungen die auch nur Ansatzweise danach gehandelt haben? Nein.

    Aber: sind die heutigen Politiker eigentlich nur arme Würstchen, die – getrieben von Krisen, Pandemien und den großen Herausforderungen nicht anders existieren können als „auf jede At und Weise flexibel“ zu sein? Braucht man, wenn dem so sei, dann überhaupt Politiker die Richtungen entscheiden?

    Wäre es nicht besser, man würde – wie Precht in Folge Fünf ausführt – „die beiden aktuellen Weltgeister“ (Zitat nach Hegel) Greta Thunberg und Elon Musk mit den Themen „Klimawandel“ und „Digitalisierung“ mit der Lösung der wirklich wichtigen, globalen und existentiellen Menschheit-Themen beauftragen?

    Danke für die Anregungen! 🙂

    Viele Grüße,
    Martin

  2. Wirklich gewünscht war niemand, denn 75% der Wählenden haben die sich selbst lobenden Pseudo-Wahlsieger abgelehnt. Der Souverän hatte fertig. Eigentlich. Denn es reicht eben, außer machterhaltender Penetranz, Androhung von Weltuntergängen und visionsloser Arroganz, nichts geboten zu bekommen, was nach praktikabler Alternative schmeckt. Die Wahl besiegelt auch nicht diese unausstehliche Verächtlichmachung unser Aller, sondern es wird erst der Anfang sein von etwas, zu dem mir schlicht die Worte fehlen.

    Deine Fotos, Werner, und der wohldosierte Text, danke dafür!
    Herzlich, Dirk

    • Werner Pechmann

      Hallo Dirk,

      ich will nicht dystopisch sein. Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass sich ganze neue Wege der Politik öffnen und der pluralistischen Gesellschaft endlich Rechnung tragen. Es bleibt abzuwarten. In jedem Ende steckt eben auch der Neubeginn.
      Alles Gute, dein Werner

  3. oli

    Lieber Werner,

    mir graut es auch! Vor der fehlenden Revolution in Richtung Klimawandel und Generationengerechtigkeit.
    Aber ich schau nicht mehr zu, ich pack an wo ich kann. eAuto, PV, Batterie im Keller ist Projekt 2022. Dazu Müllvermeidung wo es geht.

    Ich mag später von meinen Enkeln nicht gefragt werden, warum wir nichts dagegen gemacht haben.

    Aber wir sind priviligiert. Ich kann mir das alles heute schon leisten. Andere nicht.

    Es ist traurig.

    lg, oli

    • Werner Pechmann

      Lieber Oli,

      ja, so mache ich das auch. Es gibt ja eine Menge zu tun und genug lose Fäden, deren Ende man aufgreifen kann. Dystopie hilft niemanden. Macht nur schlechte Laune.
      Liebe Grüße,
      Werner

  4. Frank A.

    Danke Dir!
    Es tut gut zu lesen, dass ich mit meinen Eindrücken und Gefühlen zu dem ganzen Theater nicht alleine bin.
    Liebe Grüße, Frank.

  5. „„Aufbruch“ wird bei uns immer noch mit „Weiter so“ buchstabiert.“ – sehr sehr schön geschrieben. davon können wir hier ein lied singen… aber solange dieselben das geld haben tun sie alles dieselben an der macht zu halten und mit denselben methoden denselben weg weiterzugehen. politik hat nichts mehr damit zu tun, dass ein land geführt wird, politik ist einzig und allein der versuch des machterhalts. hätte kaum gedacht einmal solche worte zu benutzen, aber alles andere kann man mittlerweile kaum noch glauben.

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